Die kontinuierliche Versorgung mit Baumaterialien ist ins Stocken gekommen. Die Gründe dafür sind in den meisten Fällen aber keine Rohstoffprobleme oder zurückgefahrene Produktionskapazitäten, sondern eine rasant gestiegene Nachfrage. Dies wurde auf der jüngsten Versammlung der Dachdecker-Innung Herford deutlich.
Zu der Innungsversammlung hatte Obermeister Stefan Lewe nicht nur die Mitglieder eingeladen, sondern auch Vertreter der Unternehmen, die Dachziegel, -steine und andere für dichte Dächer erforderliche Materialien herstellen. Denn für die heimischen Handwerksbetriebe bringen vage Liefertermine und kurzfristige Änderungen bei den Einkaufspreisen zunehmend Probleme mit sich: Kein Dachdecker kann gegenüber seinen Kundinnen und Kunden vertreten, für eine Dachsanierung oder -reparatur eine Gebäudehülle zu öffnen, ohne dass das neue Material für einen sofortigen Einbau parat liegt. Und wie soll er heute Angebote kalkulieren, wenn er selbst freitags noch nicht weiß, welche höheren Einkaufspreise er bereits in der nächsten Woche zu zahlen hat.
Das Problem mit den Einkaufspreisen haben auch die Hersteller von Dachziegeln, wie deren Vertreter unisono anführten. Sie benötigen Gas, mit dem sich Brenntemperaturen feinjustieren lassen, um die gewohnten und geforderten Qualitäten in Größe, Form und Farbe herstellen zu können. Und der Preis für den flüchtigen Brennstoff ist seit Beginn des Ukraine-Konflikts nur noch in eine Richtung flexibel – nach oben. Dies ist den Ausführungen zufolge eine der Hauptursachen für die bisher nie dagewesene Auftragszunahme bei allen Herstellern.
Viele Händler und Handwerker bestellen weit im Voraus, um durch frühzeitigere Käufe einerseits niedrigere Preise zu zahlen und andererseits das Material parat liegen zu haben, wenn die Bauarbeiten beginnen sollen. Laut den Industrievertretern werden heute schon Dachziegel oder -steine geordert und gekauft für Gebäude, deren Fundamente erst in einem halben Jahr gegossen werden sollen.
Gegen diese Art des „Hamsterns“ kommen ihre Werke trotz voll ausgelasteter Produktionskapazitäten nicht mehr an. Daher schauen ihre Vertriebsmitarbeiter vor Auftrags- und Lieferbestätigungen vermehrt darauf, für welche Art von Baumaßnahmen geliefert werden soll. So soll beispielsweise sichergestellt werden, dass für wetterbedingte Dachschäden die Handwerksbetriebe wie gewohnt eine schnelle Lieferung erhalten. Damit dies funktioniert, sind allerdings engere Absprachen zwischen Handwerkern, Handel und Herstellern notwendig. Auch dies ist eine ungewohnte Veränderung in den Geschäftsbeziehungen. Doch nicht lösen lässt sich damit das Problem der unkalkulierbaren Preise für die Häuslebauer…